Von der Idee zum Bild: SPIEL

Martin Paul Müller im Interview mit Esther Niebel

Esther Niebel: Deine letzte Einzelausstellung hier in der Galerie vor ziemlich genau einem Jahr hieß TENDER, die jetzige heißt SPIEL. Bei TENDER ging es vorrangig um den Punkt zwischen Zärtlichkeit/Beschützen und Bedrohung/Aggressivität. Bei SPIEL ist eine leichtere, nicht ganz so ernste Dimension dazugekommen. Der Mensch, der sich im sportlichen Spiel selbst erfährt, sich misst und seine Grenzen erfährt. Was reizt dich an dem Bildthema des Wettkampfs?

Martin Paul Müller: Wettkampfkultur oder das Prinzip von Sieg oder Niederlage findet sich in vielen Bereichen – von trivialen Ereignissen, Kultur- und Sportveranstaltungen oder Bewerbungsverfahren usw. Bei Bildern, wie zum Beispiel Reiter 5 oder Läufer 4 geht es weniger um den sportlichen Ehrgeiz, als um die Dynamik und Rivalitäten, die während Wettkampfsituationen entstehen.

Spiel, 130 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 2018

Die Bildthemen entwickeln sich oft aus dem Malprozess heraus, wenn das Bild oder die Komposition schon fortgeschritten sind. Dabei verwende ich auch oft Motive und Bildausschnitte aus unterschiedlichen Medien.

Martin Paul Müller

Wie entwickelst du deine Bildthemen? Beginnst du ein Bild mit einer Frage oder ergibt sich das Motiv im Malprozess?

Die Bildthemen entwickeln sich oft aus dem Malprozess heraus, wenn das Bild oder die Komposition schon fortgeschritten sind. Dabei verwende ich auch oft Motive und Bildausschnitte aus unterschiedlichen Medien. Während der Bildentwicklung ergeben sich viele Möglichkeiten, aus denen ich die Richtige auswählen muss. Das Spektrum der Möglichkeiten verengt sich dann auf das Resultat bzw. verdeutlicht die Richtung, in die es gehen muss. Ein klarer Ausgangspunkt für das Resultat lässt sich im Nachhinein selten erschließen. Das Bild endet für mich im Idealfall mit einer Frage.

Hader 6, 142 x 145 cm, Öl auf Leinwand, 2018

Welche Bedeutung hat Farbe für deine Malerei?

Meine Palette manifestiert sich (momentan) in einer kühlen, unrealistischen Farbgebung, lässt sich also für den Betrachter nicht in das Gewohnte einordnen. Das Dargestellte wird so von einem distanzierten Blickwinkel beleuchtet und kann neu verknüpft werden. Die Farben trage ich direkt und ungemischt auf die Leinwand auf. Farbkompositionen lege ich so intuitiv an und gehe dann genau wie bei der inhaltlichen Herangehensweise in der weiteren Bearbeitung darauf ein.

Bei deiner Vernissage hast du das Bild Rauch als Schlüsselbild/Ausgangsbild der Ausstellung bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine großformatige Arbeit von 2012, also aus deinem Studium. Was macht Rauch zu einem Schlüsselbild?

Während des Studiums habe ich mir sämtliche Fragen der Klassischen Malerei gestellt: Wie sieht ein zeitgemäßes Portrait, Gruppenbild etc. aus? Bei dem Bild Rauch stand das Thema Landschaftsbild im Fokus. Dabei wollte ich keine Serie beginnen, sondern das Thema auf den Punkt bringen. Bei der Bildbearbeitung wichen Horizont, Landschaftselement und Stadtsilhouetten immer weiter in den Hintergrund, bis sich alles in Rauch auflöste. Das nicht oder noch nicht erzählte übte den Reiz an dieser und den folgenden Bildfindungen aus. Eine Offenheit im bildnerischen Sinne.