Esther Niebel: Warum hat die Ausstellung keinen Titel?
Antonio Mesones: Früher habe ich meinen Ausstellungen und auch meinen Arbeiten Titel gegeben. Irgendwann habe ich verstanden, dass ein Titel nichts zum Verständnis meines Werkes beitragen kann. Ich möchte nicht, dass der Betrachter eine bestimmte Vorstellung oder Denkrichtung durch den Titel vorgegeben bekommt. Es geht einfach um Malerei und um nichts mehr.
Über die Farbe bekommt der Betrachter eine Möglichkeit in meine Welt einzutreten.
Antonio Mesones
Welche Bedeutung hat die Farbe in deiner Malerei?
Farbe ist ein wichtiger Teil meiner Arbeit. Über die Farbe bekommt der Betrachter eine Möglichkeit in meine Welt einzutreten. Ich komme ursprünglich aus einem kleinen Dorf in Spanien. Die Farben, die meine Bilder bestimmen, haben einen Bezug zu meiner Heimat. Sie stehen für meine Eindrücke und meine Gefühle in Bezug auf die dortige Landschaft. Auch benutze ich Farbe, um Licht zu konzipieren. Manchmal versuche ich gestalterische Probleme, die ich selbst noch nicht gelöst habe, in meiner Arbeit einzufangen. Zum Beispiel beginne ich ein Bild mit einer dreckigen Farbe, mit einer bewussten Antithese zu dem Dargestellten. Ich kämpfe so lange mit dieser Farbe, bis ich sie schließlich in eine mir vertraute Farbe aus meiner Motivwelt überleiten kann.
Würdest du deine Bilder als spirituell bezeichnen?
Nein, ich denke nicht, dass sie spirituell sind. Der Begriff spirituell hat viele Bedeutungen und ist sehr aufgeladen. Meine Arbeit spricht über meine emotionale Welt, ist aber nicht spirituell. Die Art und Weise wie ich zum Beispiel das Licht in meinen Bildern finde, kommt aus der Intuition und meinem Erleben der Natur und meiner Umgebung. Malerei ist eine Untersuchung, ein Weg, von dem man nicht weiß, wie er verläuft. Man fängt an einem bestimmten Punkt an und endet unter Umständen, wo man es nicht erwartet hätte – das ist die Spannung, das Unbekannte in der Malerei.
Ich mache immer dieselbe Bewegung – einen Kreis im Radius meines Pinsels. So stößt Kreis an Kreis.
Antonio Mesones
Du trägst die Farbe in konzentrischen Kreisen auf. Warum?
Wiederholung ist schon immer eine Methode in meiner Arbeit. Wiederholung im Sinne von Zeitabläufen. Ich mache immer dieselbe Bewegung – einen Kreis im Radius meines Pinsels. So stößt Kreis an Kreis. Die Kreise geben auch die Farbübergänge vor. Insgesamt ergibt sich so eine Art rhythmisches Muster – vergleichbar den Zeitringen in einem Baumstamm. Dabei bleibt Material, Farbe als Sediment auf der Leinwand zurück. Sediment als natürliches Überbleibsel eines Prozesses, der auch von der Materialität der Malerei spricht.
Welche Wirkung hat der Prozess des Malens auf dich?
Für mich ist es ganz wichtig, jeden Tag im Atelier zu sein. Es ist wie ein Ritual. Generell sind in meinem Leben Rituale ganz wichtig. Ich mache immer dieselben Sachen, so dass ich meinen Kopf ausschalten kann. Ich brauche diese regelmäßige Arbeit, um in Bezug zur Malerei treten zu können. Das ist ein sehr feiner Prozess.
Was ist für dich Schönheit?
In der Kunst ist der Begriff der Schönheit oft konfliktbeladen. Für mich ist Schönheit nicht abhängig von mir als Urheber – sie passiert einfach. Das gefällt mir. Schönheit entsteht für mich persönlich, wenn das Bild für sich selbst steht, als wäre es schon immer da gewesen, wobei es gleichzeitig meine innere Welt widerspiegelt.